Die partizipative Galerie
Hannover hat nichts - denken manche. Stimmt nicht - wissen wir.
Deshalb unterstützen wir Hannovers Bewerbung zur Kulturhauptstadt Europas für das Jahr 2025. Vom 16. bis 19. September öffneten wir die partizipative Galerie Ausnahmezustand in der Lavesstraße 75. Ein Raum für die Hannoveraner*innen, um erste Impulse für die Bewerbung zu sammeln. Und der Startschuss für einen langfristig gedachten Prozess, den wir mitentwerfen.
Eine Stadt, die sich entschließt, Kulturhauptstadt Europas werden zu wollen, muss einiges in die Waagschale werfen können: 23 Stadtteilkultureinrichtungen, eine lebendige freie Theater-, Tanz- und Musikszene, die großen Bühnen wie das Schauspiel und die Oper, kulturelle Leuchttürme wie die KunstFestSpiele Herrenhausen, Theaterformen oder Tanztheater International, die Museumslandschaft, das Theater am Küchengarten, der Jazzclub, das PLATZprojekt oder junge kreativwirtschaftliche Unternehmen formen schon heute den Charakter Hannovers. Das Kleine Fest im Großen Garten, Feinkost Lampe, das Fährmannsfest, die Ihme Vision – die Liste kultureller Institutionen und Projekte ist so lang, wie das Ufer der Leine grün ist. In Hannover ist Naherholung nämlich wirklich nah und Kultur hat tatsächlich viele Gesichter. Unzählige kulturelle Perlen des Großstadtmeeres, die bis in die niedersächsische Tiefebene glitzern. (Ja, auch ein wenig Pathos gehört zu einer Bewerbung um diesen Titel.)
Das ist eine wunderbare Grundlage. Reicht aber noch nicht, um Kulturhauptstadt zu werden. Denn Kulturhaupstadt zu werden, sollte sich nicht in einer Bestandsaufnahme erschöpfen, sondern eine Entwicklung anstoßen, die die Stadt kulturell und sozial bereichert. Mit neuen, innovativen Konzepten. Hannover geht ins Rennen - und wir gestalten die Strecke.
Die partizipative Galerie hat den ersten Möglichkeitsraum des Bewerbungsprozesses eröffnet und einen Austausch zwischen der Kultur- und Kreativszene, den Bürgerinnen und Bürgern und dem Büro Kulturhauptstadt 2025 bewirkt. Über drei Etagen wurden Ideen gesammelt, Diskussionen und Gespräche geführt und Visionen skizziert. Spielerisch, gestalterisch, diskursiv. So stellen wir uns den Prozess auch weiter vor.
Es geht nicht um irgendein Label. Es geht um eine Utopie für die Zukunft der Stadt und die Chance, sie in die Wirklichkeit zu überführen. Herauszufinden, wie eine solche Utopie für Hannover aussehen soll, ist ein Prozess, für den wir die Beteiligung von allen brauchen - und vielleicht einen Schuss Größenwahn. Wenn man keine Vorstellung von der Zukunft entwickelt, bleibt alles Zufall. Dabei hat Hannover noch viele leere Flächen, Spielräume und eine Menge kreatives Potential.
Kurt Schwitters, der wie wir alle wissen Hannover von vorn bis hinten verstanden hatte, schrieb: "Liest man aber Hannover von hinten, so ergibt sich die Zusammenstellung dreier Worte: re von nah. Das Wort re kann man verschieden übersetzen: rückwärts oder zurück. Ich schlage die Übersetzung rückwärts vor. Dann ergibt sich also als Übersetzung des Wortes Hannover von hinten: Rückwärts von nah. Und das stimmt insofern, als dann die Übersetzung des Wortes Hannover von vorn lauten würde: Vorwärts nach weit. Das heißt also: Hannover strebt vorwärts, und zwar ins Unermeßliche."
Diese Haltung, die unser niedersächsischer Dadaist uns sozusagen auf den urbanen Körper geschrieben hat, nehmen wir als Initialzündung für den kommenden Prozess.